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Mehrwertsteuersenkung im Salon – Preise senken oder Umsatzverlust aufholen?

8 min

Mehrwertsteuersenkung im Salon – Preise senken oder Umsatzverlust aufholen?

Das Konjunkturpaket der Bundesrepublik Deutschland sieht eine temporäre Senkung des Mehrwertsteuersatzes vor, um die Wirtschaft zu stärken und Unternehmen eine Chance zu geben sich von den Folgen des Covid-19-Lockdowns zu erholen. Der Mehrwertsteuersatz von 19 % wird vom 1. Juli 2020 bis zum 31.12.2020 auf 16 % gesenkt (oder von 7 % auf 5 % beim ermäßigten MwSt.-Satz). Jetzt stellt sich für viele Friseurunternehmer die Frage, wie sie mit dieser neuen Situation umgehen. Sollen sie diese Unterstützung des Staates an ihre Kunden weitergeben, das bedeutet die Preise zu senken, oder sollen sie die Chance ergreifen die Verluste der letzten Monate wettzumachen und ihre Mitarbeiter zu unterstützen?

Welche Gelegenheiten bieten sich dir als Saloninhaber jetzt? 

Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer öffnet dir jetzt einige Möglichkeiten und bietet einen gewissen Spielraum. Wer hätte noch im April gedacht, dass du dich als Saloninhaber/in im Juli schon entscheiden musst, ob du Rabatte geben sollst oder mehr Usatz machst?
Um dir die Entscheidung leichter zu machen haben wir alle Möglichkeiten aufgelistet, die sich dir jetzt bieten – zumindest alle, die uns eingefallen sind. Hast du mehr Ideen kannst du dich gerne bei uns melden!

Wie groß ist eigentlich der Unterschied? Das Missverständnis der 3 % Reduktion.

Kleinvieh macht auch Mist und auch 3 % Steuersenkung werden sich merklich aufs Portemonnaie auswirken, richtig? Richtig. Aber wessen Portemonnaie wird es tatsächlich spüren, wenn dein Salon die Preise senkt?

3 % Reduktion der Mehrwertsteuer sind nicht gleich um 3 % niedrigere Preise. Eine verbreitete Ansicht ist es, zu glauben, dass jetzt alles Preise um 3 % sinken werden. Als Unternehmer wisst ihr aber, dass der Preis, den Kunden sehen, der Bruttopreis ist und dass der MwSt.-Satz sich auf den Einkaufspreis bezieht, also den Netto-Preis. Geschäfte, die versprechen ihren Kunden diese Mehrwertsteuersenkung ‘zu schenken’ müssen also ihre Bruttopreise anpassen von Einkaufspreis + 19 % auf Einfkaufspreis +16 %. Im Umkehrschluss bedeutet das eine Preisminderung von 2,52 % für den Kunden.

Das ist euch zu kompliziert? Uns auch – deshalb haben wir euch einen Rechner gebasteltet, mit dem ihr schnell visualisieren könnt, wie sich eine Preissenkung auf euer oder auf das Portemonnaie eurer Kunden auswirken würde. Klickt auf das Banner und probiert ihn aus!

Szenario 1: Nicht Preise senken, sondern Umsatz aufholen

Zurück zu unserem Kleinvieh und dem Mist – was meinst du? Wie viel würden deine Kunden im Durchschnitt wirklich bei dir sparen?

Glaubst du, dass diese Reduktion neue Kundschaft in deinen Salon treibt, wie es sich manche Experten erhoffen? Ob im Schnitt jeder Kunde in deinem Salon 1 € mehr im Portemonnaie hat oder ob du am Ende des Monats etwas mehr in der Kasse hast um deine Kredite zurückzuzahlen oder deine Mitarbeiter zu unterstützen… was hat die größere Auswirkung?

Kannst du es dir leisten, auf diese Unterstützung zu verzichten?

Noch vor wenigen Wochen drehte sich die Diskussion um Preiserhöhungen und Hygienepauschalen. Was hat sich seitdem geändert? Unseren Daten zufolge war der Mai für einige von euch der beste Mai seit Beginn der Zeiten. Andere wurden von den Beschränkungen stärker getroffen und mussten trotz Wiedereröffnung starke Verluste hinnehmen im Vergleich zum Vorjahr. Aber auch bei denen, wo es gut lief, habt ihr wirklich so viel mehr verdient, dass es die Verluste von März und besonders von Mai wieder wettgemacht hat? Habt ihr wenigstens eure Mehrkosten wieder eingeholt? Viele spüren auch langsam, dass der Andrang wieder etwas nachlässt. Konnte ich mir als Kunde während des Lockdowns keinen Restaurantbesuch gönnen oder keine Schuhe kaufen, kann ich das jetzt nach Herzenslust nachholen und von Sonderangeboten profitieren. Meine verpasste Balayage brauche ich aber nur einmal aufzufrischen und auch meine übliche Behandlung beim Kosmetiker braucht eben eine gewisse Zeit, bis sie wieder fällig ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Haarschnitt jetzt 2 Euro günstiger ist oder nicht.

Hier sind ein paar Ideen, wie du, als Inhaber des Salons, diesen Extra-Umsatz stattdessen aber gut gebrauchen und einsetzen kannst:

Mitarbeiter finanziell unterstützen

Zumindest während der Schließung musstest du deine Mitarbeiter auf Kurzarbeit setzen. Manche können auch heute nicht wieder Vollzeit arbeiten, weil es im Salon nicht genug Platz gibt. Wer weiß, wie lange diese Beschränkungen noch anhalten. Deine Mitarbeiter sind genau die Gruppe Menschen, die die Bundesregierung mit dieser Maßnahme unterstützen möchte. Besprich doch mit deinem Steuerberater welche Möglichkeiten es gibt, deinen Mitarbeitern diesen Mehrverdienst zukommen zu lassen.

Außerdem, vergiss’ nicht auch an die Stimmung deiner Mitarbeiter zu denken. Sie bekommen deine Sorgen ja häufig mit. Besonders, wenn sie beispielsweise noch auf Kurzarbeit sind oder auf Teilzeit gesetzt werden mussten, weil du dir einfach nicht mehr leisten kannst. Wie werden sie sich jetzt fühlen, wenn du es dir plötzlich erlauben kannst deine Preise zu senken? Ob du deine Preise nun senkst oder nicht, denke daran, dass du auch Chef eines Teams bist, dass während der Krise zu dir gehalten hat. Beziehe sie in Gespräche mit ein und sei transparent in deiner Kommunikation mit ihnen. Du kannst es dir jetzt nicht erlauben gute Mitarbeiter zu verlieren.

Rücklagen aufbauen

Rücklagen und Ersparnisse aufzubauen in einer Industrie wie der euren ist keine einfache Angelegenheit. Ersparnisse, die ihr über Jahre angelegt habt, sind jetzt weg. Es ist an der Zeit wieder vorzusorgen. Niemand hatte mit einer Krise, wie der aktuellen wirklich gerechnet, aber ihr hattet diese Rücklagen ja mit Grund aufgebaut. Und es gibt immer unvorhergesehen Krisen und Katastrophen, in denen ihr wieder Rücklagen brauchen werdet. Besonders, wenn es wieder die ‘normalen’ Katastrophen sind, bei denen es keine Rettungspakete vom Staat gibt. Rücklagen haben ihren Sinn und es ist an der Zeit auch wieder daran zu denken.

Kredite zurückzahlen

Ihr hattet Rücklagen, Hilfen vom Staat und habt es durch den ersten Teil der Krise geschafft. Damit ist die erste große Hürde überwunden. Liquidität zu wahren und im Business zu bleiben war der erste große Schritt und wir gratulieren euch dazu, dass ihr ihn so gut gemeistert habt.

Aber jetzt geht es daran die Finanzen durchzusehen und eure Mehrkosten aufzurechnen. Kredite müssen zurückbezahlt werden. Diese Steuersenkung könnte euch genau dabei helfen. Rechnet aus, ob ihr mit dem aktuellen Umsatz (nicht nur den Andrang im Mai) wirklich für die bestehenden Kosten und die Rückzahlungen aufkommen könnt.

Botschaft an Verbraucher

Wenn jetzt alle Salons ihre Preise senken, welches Signal sendet das an Kunden? Dass die Krise euch vielleicht doch nicht so hart getroffen hat? Dass eure Preise eigentlich zu hoch sind? Gerade Friseure und auch manche Kosmetiker verkaufen sich gerne unter Wert. Während der Krise haben viele über Friseure gesprochen und darüber wie wichtig ihre Rolle in der Gesellschaft und Gemeinschaft ist. Kunden haben derzeit ein besseres Verständnis auch von eurer geschäftlichen Situation als je zuvor. Gebt ihnen jetzt kein falsches Bild von eurer Realität, denn das wird sie für später prägen.

Preise senken könnt ihr auch später noch

Ihr wollt die Preissenkung als Sonderangebot oder Marketingkampagne nutzen? Überlegt euch gut, ob ihr euch diese Marketingkampagne über ganze 6 Monate leisten könnt. Jetzt gerade sprechen alle darüber und es könnte als Kampagne funktionieren. In 1 bis 2 Monaten werden neue Themen kommen und es wird niemand mehr darüber sprechen. In diesen 2 Monaten werden eure Kunden nicht dreimal häufiger zu euch kommen. In ein paar Wochen werden sie diese Kampagne vergessen haben, bzw. einfach nicht mehr wahrnehmen. Wenn die Preissenkung also keine Kunden mehr anlockt, ist es wirklich nur eine verpasste Chance.

Wie wäre es stattdessen, wenn ihr jetzt alles beibehaltet und wenn ihr z.B. im September merkt, dass ihr den Sommer gut überstanden habt, macht ihr eine Kampagne? “Danke für eure Unterstützung während der Krise! Jetzt können auch wir euch etwas zurück geben”? Ihr werdet damit sehr viel mehr Aufmerksamkeit bekommen als jetzt, wenn wirklich alle darüber sprechen.

Kollektive Preiserhöhung im Januar 2021

Im Januar wird es den Schock geben, dass alle Geschäft, die ihre Preise gesenkt haben, sie plötzlich wieder erhöhen müssen. Alle gleichzeitig. Was für ein Luxus wäre es da, wenn eure Preise sich nicht ändern?

Szenario 2: Preise senken, um Kunden anzulocken – funktioniert das?

Die meisten Kunden, die jetzt nicht in den Salon kommen, werden sich auch nicht von 0.71 € Preisunterschied pro normalem Haarschnitt überzeugen lassen. Wenn Stammkunden jetzt ausbleiben, gibt es verschiedene Gründe, die häufig nichts mit den Preisen zu tun haben.

Sorge wegen Ansteckungsgefahr

Viele Leute haben auch jetzt noch Sorge, dass es doch wieder losgehen könnte. Sie gehen weniger aus dem Haus als sonst und auch dann nur, wenn es notwendig ist. Sie gehören vielleicht einer Risikogruppe an. In diesem Fall wird eine Preissenkung sie bestimmt nicht überzeugen, besonders nicht in dieser Größenordnung. Wenn überhaupt könnten sie auf die Idee kommen, dass ihr weniger für die Hygiene ausgebt, als im Vorhinein angenommen, wenn ihr es euch leisten könnt die Preise zu senken.

Was hier hilft, ist eine beruhigende Marketingkampagne, die eure Kunden versichert, dass ihr alles tut, um ihre Gesundheit zu schützen. Kannst du gezielt Kunden ansprechen, die lange nicht in den Salon gekommen sind? Schicke ihnen eine gut gestaltete Kampagne, in der du ihnen versicherst, dass du ihre Sorgen verstehst und für sie da bist. Zeige ihnen die Maßnahmen, die du vorgenommen hast und versichere, dass es keine Zwischenfälle gegeben hat. Mit Vertrauen und Kommunikation bekommst du sie sehr viel eher zurück als mit einer Preissenkung.

Wir wäre es mit besonderen Öffnungszeiten für Risikogruppen? Auch wenn das im Endeffekt nicht wirklich eine niedrigere Ansteckungsgefahr bedeutet, da die Hygienemaßnahmen ja wirklich umfassend sind. Aber das Gefühl ist ein anderes. Und bei dieser Kundengruppe geht es um das Gefühl der Unsicherheit, nicht um den Preis.

Verändertes Konsumverhalten

Der Lockdown hat bei vielen Menschen das Konsumverhalten verändert. Vieles hat sich ins Internet verlagert und Produkte werden vermehrt Online gekauft. Viele haben auch während des Lockdowns mit Do-It-Yourself-Projekten die Zeit vertrieben, mit Brot backen, Möbel neu beziehen oder dem Lebensgefährten (oder sich selbst) die Haare zu schneiden oder zu färben. Die meisten werden es genießen sich endlich wieder vom Profi verwöhnen zu lassen, aber manche haben sich daran gewöhnt und sind stolz darauf sich selbst zu versorgen. Das wird wahrscheinlich mit der Zeit nachlassen, aber auch da könnt ihr mit geschickten Marketingkampagnen nachhelfen. Was aber höchstwahrscheinlich nicht hilft, ist ein effektiver Rabatt von 2,52 %.

Sparfüchse bleiben vorsichtig

Während für viele der Friseurbesuch notwendig ist, ist er für manche doch ein Luxus, wenn sie gerade auf das Geld achten müssen. Kunden, die tatsächlich besonders gelitten haben und jetzt kein Geld für den Friseurbesuch ausgeben können oder wollen, werden sich auch hier nicht von einem so geringen Rabatt überzeugen lassen. 71 Cent sparen beim durchschnittlichen Preis für einen Haarschnitt überzeugt gewiefte Sparfüchse nicht.

Terminzeiten passen nicht in das neue Leben

Ihr kennt das Problem sicherlich von euch selbst oder euren Mitarbeitern. Auch wenn vieles wieder in Richtung Normalität geht, hat sich doch der Tagesrhythmus vieler Menschen verändert. Gerade Eltern mit Kindern im Kindergarten- oder Schulalter sind einfach nicht mehr zu den gleichen Uhrzeiten verfügbar. Auch hier ist euch eine Preisminderung keine große Hilfe. Flexibilität in den Öffnungszeiten und eine gute Kommunikation dazu sind sehr viel effizienter.

Szenario 3: Treuepunkte statt niedrige Preise

Manche Salons entschließen sich jetzt dazu Treuepunkte oder Bonuspunkte zu verteilen, statt die Steuersenkung finanziell auszugleichen.

Die Idee dahinter ist aus zwei Gründen clever. Erstens gibt es den Kunden, die auf einen finanziellen Anreiz reagieren ihre Belohnung. Außerdem ist das Ziel eines guten Treueprogramms ja, dass der Kunde wieder in den Salon kommt, um die Belohnung einzulösen.

Ein smartes Treueprogramm gibt übrigens keine kostenlose Dienstleistung, sondern bietet dem Kunden eine Zusatzleistung oder ein Produkt, was er dann beim nächsten Besuch bekommt.

Weiterer Bonus für euren Salon? Treueprogramme stärken die Kundenbindung! Und zu Zeiten, in denen möglicherweise nicht immer der Wunschtermin verfügbar ist, ist das besonders wichtig.

Phorest-Kunden können sich von ihrem Business Berater dazu beraten lassen, wie sie unser TreatCard-Programm am besten nutzen und die Einstellungen anpassen.

Szenario 4: besonderen Kunden einen Rabatt anbieten

Ihr kennt eure Kunden am besten und ihr wisst auch, ob eure Kunden von der Corona-Krise besonders oder weniger betroffen waren. Die Idee warum die Regierung Geschäfte auffordert die Steuersenkung in ihren Preisen widerzuspiegeln liegt darin, dass sie den Teil der Bevölkerung unterstützen wollen, der von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit betroffen war und jetzt eine Unterstützung bei der Kaufkraft braucht. Ob der vorgesehene Rabatt bei euch im Salon nun beim Kunden einen wirklichen Effekt hat, sei einmal dahingestellt. Solltest du oder deine Mitarbeiter aber z.B. von einem Kunden erfahren, dass sie direkt betroffen sind und ihr möchtet den Kunden gerne eure Solidarität aussprechen, so könnt ihr im Vorhinein einen Rabatt anlegen und dem Kunden anbieten, ihm diesen MwSt.-Anteil zu schenken.

Natürlich könnt ihr diesen spontanen Rabatt dann auch anbieten, wenn ein Kunde sich darüber beschweren sollte, dass ihr die Mehrwertsteuersenkung für euch behandelt.

Preise beibehalten aber Hygienepauschale absetzen?

Vorsicht hier! Auch wenn die Lösung simpel erscheint, ist die Hygienepauschale doch sehr viel höher als es der Preisunterschied wäre!
Nutzt den Rechner und probiert es aus. Lasst euch von euren Kunden nicht unter Druck setzen, sondern schaut in eure Finanzen und überlegt, was für euer Geschäft sinnvoll und nachhaltig ist.

Unterstützung bei der Kundenkommunikation

Solltet ihr euch entschließen die Preise nicht zu senken, sind wir selbstverständlich für euch da, um euch dabei zu helfen mit euren Kunden zu kommunizieren. Vorlagen im E-Mail Editor und für Social Media-Beiträge sind in Bearbeitung und wir werden sie bald mit euch teilen.

Alle Einstellungen in Phorest findet ihr im neuen Bereich zur Mehwertsteueränderung im Hilfebreich eures Phorest Systems.

Vielen Dank für’s Lesen,

Let’s Grow!

PS: Folgt uns auf Facebook und Instagram für mehr Tipps & Infos.

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Marc Menden
Marc Menden
June 19, 2020 9:27 pm

Hi Sarada
ein sehr guter Artikel vielen Dank dafür. Auch wenn wir in der Schweiz ganz andere Vorraussetzungen haben so hat es mich inspiriert einen Rabatt für bestehende Kunde die von der Corona Krise durch Arbeitslosigkeit oder “Arbeitsverbote” (Künstler etc.) betroffen sind zu Injizieren. Wenn man das in einer Mail Kampagne kommuniziert setzt dies ein Positives Signal bei allen Kunden und schafft dort wo Kunden die davon betroffen sind ein Zeichen das wir für sie da sind und somit hoffentlich eine noch höhere Kundenbindung.
lg marc

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